Klar, die Freie
Ferienrepublik Saas-Fee ist ein Paradies. Die imposanten Viertausender. Ewiges
Eis. Die grossartige Natur. Die frische Luft. Die unzähligen Sonnenstunden.
Einfach phänomenal. Nur, das Paradies bröckelt. Ich meine damit nicht die schlecht
nachvollziehbare und unsachliche Polemik gegen den bei den Gästen äusserst
beliebten Bürgerpass. Nein, aber dass aus unserer Ferienrepublik über 100
Saaser Mutten (eine vom Aussterben bedrohte Schafrasse) spurlos verschwinden,
das erschüttert. Was ist da passiert? Was hat dies allenfalls zu bedeuten? Als
Sagenerzähler mache ich mir da meine Gedanken. Wurde das Mass der Untaten zum
Überlaufen gebracht? Besteht doch ein Zusammenhang mit allen bösen und
verleumderischen Worten, die in letzter Zeit gesprochen wurden? Pro Lüge ein
Schaf. Nein, das geht nicht auf. Wenn für jedes böse Wort, für jede Unwahrheit
ein Tier weggenommen würde, dann hätten wir wohl keine Lebewesen mehr im Tal.
Selbst die niedlichen Murmeltiere wären wohl alle abhanden gekommen…
Der Schock über den Verlust
der Schafe sitzt tief. Nachvollziehbar. Wenn man über Jahre mit den Tieren
lebt, sie weiterzüchtet. Und dann einfach weg. Keiner redet im Moment noch über
den bösen Wolf. Jedem scheint klar, der Mensch – und der steht wohl hinter
diesem Geschehen – ist noch viel schlimmer. Ich hoffe allerdings, dass die
Tiere doch noch unversehrt gefunden werden. Dass sie wieder zurück in unser Tal
kommen. Und wenn es dann künftig im Saas auch noch weniger böse Worte gäbe,
dann wären wir dem Paradies durchaus wieder etwas näher.
„Ein freundliches Wort kostet nichts und ist doch das
schönste aller Geschenke“
Daphne du Maurier
Christoph Gysel
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