Mittwoch, 21. Mai 2014

Vom Saastal träumen



Nun habe ich das Saastal verlassen. Mich von der herrlichen Berg- und Gletscherwelt verabschiedet. Nicht ohne Wehmut. Sicherlich wird mich in den nächsten Tagen Heimweh befallen. Trotzdem, ich befinde mich in Bern. Nicht freiwillig. Aber nicht etwa, weil mir das Saastal zu eng geworden ist. Oder weil ich den Kritikern meiner Artikeln aus dem Weg gehen wollte. Gar jenen nachgegeben habe, die mich in letzter Zeit aufforderten, das Tal zu verlassen, weil sie mein „Geschribsel“ und mein gesellschaftliches Engagement nicht ertragen könnten. Nein, mein Weggang hat einen einfachen Grund. Und ist – da muss ich wohl einige enttäuschen - hoffentlich nur vorübergehend. Ich musste mich einer erneuten Operation an der Wirbelsäule stellen. Und dafür muss man die Freie Ferienrepublik Saas-Fee wohl oder übel verlassen. Auch wenn das Saastal unglaublich viel zu bieten hat. Eine intakte Natur. Kulinarischen Hochgenuss. Viel Sonne und Schnee. Authentische Bergdörfer. Wunderbare Menschen. Für eine Rückenoperation geht man doch besser ins benachbarte Ausland…

Nun liege ich also in meinem Krankenhausbett im Inselspital. Und kann das tun, was jeder Feriengast tun sollte, wenn er sich nicht im Saastal befindet: Träumen. Träumen von der Freien Ferienrepublik Saas-Fee. Von der gesunden Luft. Den imposanten18 Viertausendern. Den wunderbaren Lärchenwäldern. Den authentischen und kreativen Menschen. Den Murmeltieren. Vom einmaligen Walliser Roggenbrot… Ein wohltuender Traum, der hoffentlich bald wieder Wirklichkeit wird.

Vielleicht denkt Ihr nun: „Jetzt spinnt er. Leidet an den Folgen der Vollnarkose.“ Wahrscheinlich habt Ihr damit Recht. Doch bei Mark Twain habe ich folgendes gelesen: „Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt.“

Auf ein baldiges Wiedersehen im Saas! Da, wo Träume wahr werden.




Christoph Gysel

Dienstag, 13. Mai 2014

Werbeträger

Eine Journalistin ist im Haus. Nicht ferienhalber. Sie schreibt für ein deutsches Magazin. Ihr Interesse gilt nicht primär unseren 18 Viertausendern, der imposanten Getscherwelt oder der intakten Natur. Nein, sie möchte ein Portrait über mich schreiben. Irgendwie hat sie von mir gehört. Mein Leben, mein Schreiben hat ihr Interesse geweckt. Klar, es gab schon andere Veröffentlichungen über mich und mein Leben. Auch Radiosendungen und ein Fernsehportrait. Trotzdem, eigenartig ist es alleweil. Alles wollen Journalisten wissen. Details über die Kindheit. Einzelheiten über die Familie. Intimste Wünsche. Enttäuschungen. Der Antrieb meines sozialen und gesellschaftlichen Engagements. Der psychohygienische Effekt meines Schreibens. Auch Glaube. Träume. Verzweiflung. Hoffnung. Hobbys. Job. Freuden. Unglaublich, was die Leser interessieren soll…

Klar, mein Leben und meine Persönlichkeit haben sehr viel mit dem Saas zu tun. Das idyllische Bergtal mit seinen einzigartigen Bewohnern hat mich geprägt. Hier habe ich Heimat gefunden. Auch Aufgaben und Herausforderungen. Neben meiner Geborgenheit in Gott, ist das Saastal ein wichtiger Ruhepol in meinem Leben. Unbestritten finde ich hier zu optimaler Kreativität. Wahrscheinlich sind die gesunde Bergluft und die intakte Natur auch förderlich für mein literarisches Schaffen. Und oft auch Inhalt meines Schreibens und Redens.

„Wes das Herz voll ist des geht der Mund über.“ So lautet treffend ein Sprichwort. Ich bin fasziniert von der Schönheit des Saas. Begeistert von der überwältigenden Berg- und Gletscherwelt. Überzeugt von der Einzigartigkeit der Freien Ferienrepublik Saas-Fee. Und so rede und schreibe ich halt davon. Selbst wenn ich zu Vorträgen oder Predigten in der Schweiz unterwegs bin, muss ich von der Schönheit des Saastales reden. Wir sind halt immer Werbeträger von dem, was uns beschäftigt.

Gerne erinnere ich mich an eine Begegnung mit einem Bahnwagenreiniger. Wie der begeistert war, wenn er über die wunderbar sauberen Züge redete, nachdem seine Kollegen und er ihren Job jeweils gemacht hatten, war beeindruckend. Der beste Werbeträger der SBB. Klar, wenn mein Herz voll ist mit negativen Gedanken, dann bin ich auch Werbeträger. Ein negativer halt. Doch das möchte ich nicht sein. Viel lieber träume ich davon, dass alle Bürger der freien Ferienrepublik Saas-Fee begeisterte Botschafter des einzigartigen Saastales sind. Die Welt muss doch von der Existenz dieses Paradieses erfahren… Von da her bin ich gespannt auf das demnächst erscheinende Portrait jener Journalistin über mich und das Saas.

„Ein Kopf ohne Ideen ist wie eine Vase ohne Blumen.“
Gerhard Uhlenbruck


Donnerstag, 1. Mai 2014

Oh, diese Jugend


Verwöhnt sei sie. Handyverrückt. Faul und schwierig. Schnell und undifferenziert wird oft über die Jugend geurteilt. Nur, wer ist denn für diese Jugend verantwortlich? Doch wohl wir, ihre Vorbilder. Manchmal hege ich auch den Verdacht, dass meine Generation die Jungen aus Neid kritisiert. Ihre Lebensfreude, ihre Unbeschwertheit, Grenzen zu erforschen, erinnert uns wohl schmerzlich an das, was wir verpasst haben. Nur, „wer seiner Jugend nachläuft, läuft dem Alter in die Arme.“ Willy Millowitsch hatte mit dieser Aussage wohl recht.

Warum ich darüber schreibe? Nicht, weil mir in der Zwischensaison nichts anderes einfällt. Gut 20 Jugendliche beleben nämlich zur Zeit mein Haus. 15- und 16-Jährige aus dem Zürcher Oberland. Zugegeben, da ist etwas los… Zusammen mit 5 Pfarrern verbringen sie einige Tage im Saastal. Machen sich Gedanken über das Leben, über Gott und den Glauben. Daneben packen sie aber als Freiwillige bei verschiedenen Projekten konkret an. Diese Jugend scheut keine schmutzigen Hände. Hat unter anderem das Kaplaneihaus in Saas-Grund ausgeräumt und herausgeputzt. Im wahrsten Sinne des Wortes eine „Drecksarbeit.“ Trotzdem, voll motiviert. Und erfolgreich. Das alte Pfarrhaus ist für das geplante Freilichttheater im Sommer bereit.

Grossartig, diese Jugend! Ich jedenfalls bin dankbar, dass es sie gibt. Und ihre Spontanität, ihre Abenteuerlust, ihre Unbeschwertheit sind einfach ansteckend. Tun einem letztlich doch gut. Nein, ich möchte nicht schimpfen über die Jugend. Auch wenn sie (zum Glück) anders ist als ich. Beeindruckend ist für mich übrigens, wie die jungen Leute in meinem Haus nicht bloss unternehmungslustig und manchmal auch recht laut sind, sondern wie sie sich durchaus auch mit tieferen Fragen des Lebens auseinandersetzen.

Gerne hätte ich meinen Gästen unser Tal noch etwas besser vorgestellt. Die Freie Ferienrepublik mit der herrlichen Berg- und Gletscherwelt präsentiert. Die 18 Viertausender gezeigt. Leider hat das Wetter nicht mitgespielt. Allerdings, unsere „Schneesicherheit“ haben sie erlebt…

„Es ist ein Vorrecht der Jugend, Fehler zu begehen, denn sie hat genügend Zeit, sie zu korrigieren.“

Ernst Barlach

Mittwoch, 23. April 2014

Ein wunderschöner Tag



Grossartige Schneeverhältnisse. Viel Sonne. Angenehme Temperaturen. Habe sogar etwas Sonnenbrand abgekriegt. Ich konnte es zum Abschluss der Wintersaison noch einmal richtig geniessen. Überhaupt bleibt der zu Ende gehende Winter unvergesslich. Schnee im Überfluss. Herrlich präparierte Skipisten, welche von den Gästen durchgehend gerühmt wurden. Viele zufriedene Urlauber, welche in der Freien Ferienrepublik Saas-Fee voll auf ihre Kosten kamen. Spannende Begegnungen mit interessanten Menschen. In Erinnerung bleiben wird mir sicher auch der gestern abgereiste 23-Jährige aus Deutschland. Er war zum ersten Mal bei uns. Konnte sich kaum satt sehen an der grossartigen Berg- und Gletscherwelt. War völlig fasziniert von den 18 Viertausendern. Bei seinem 4-tägigen Aufenthalt hatte er sogar Skifahren gelernt. Seine Begeisterung für die Freie Ferienrepublik Saas-Fee kannte kaum Grenzen. Er wird sicherlich wiederkommen…



Und nun? Soll ich mir die wunderbaren Eindrücke der vergangenen Wintersaison vermiesen lassen? Negativen Gedanken Raum geben? Darüber berichten, dass es nicht bloss sonnige Tage gab? Klagen, dass unsere Betten nicht immer belegt waren? Schimpfen über mangelnde Kommunikation der Bergbahnen? Weiter erzählen, dass sich ein Mitarbeiter der Tourismusorganisation völlig daneben verhalten habe. Enttäuscht sein darüber, dass gemäss Angaben der Vermieter, der generelle Anreisetag neu nun am Sonntag ist und der Tourismusorganisation die gesetzlichen Abgaben teilweise vorenthalten, respektive gestohlen wurden? Klar, man hat immer Grund zum Klagen, Schimpfen und Kritisieren. Aber ich behalte das Positive in Erinnerung. Bei aller Verantwortung und Ernsthaftigkeit des Business. Bei allen Anstrengungen, selber professioneller zu werden, sich zu verbessern. Die herrlichen Bilder des tief verschneiten Saastales des Winters 2013/14 will ich nicht vergessen. Die spannenden Begegnungen wach halten. Sich die ansteckende Begeisterung unserer zufriedenen Gäste nicht rauben lassen. Mich freuen am grossartigen Engagement der Mitarbeiter im Tourismus.



Ständiges Kritisieren bringt uns nicht weiter. Blockiert bloss. Vergiftet die Stimmung. Macht nur krank. Heinrich Mann sagte gar: „Kritik ist die Zuflucht der Nichtskönner!“ Und Stanislaw Lem meinte: „Wer nicht mehr kreationsfähig ist, beschäftigt sich lustvoll mit der Destruktion aller Dinge.“ Zu solchen Menschen möchte ich nicht gehören. Da denke ich doch lieber dankbar an die vergangenen spannenden Wintermonate zurück und freue mich motiviert auf die Herausforderungen der Sommersaison.



„Der Skeptiker wappnet sich gegen alles, auch gegen das Glück!“

Georges Duhamel 


Dienstag, 15. April 2014

Keine Gewissensbisse?



Die Reaktion auf meinen letzten Blog war überraschend. Vor einer Woche hatte ich meine Vorfreude auf das kommende Snowfestival, resp. das Nostalgierennen zum Ausdruck gebracht. Und dann kam folgender Einwand: „Haben Sie als Tourismuspfarrer keine Gewissensbisse, sich ausgerechnet für eine „Schneechilbi“ am Ostersonntag stark zu machen?“ Der Vorwurf sass. Müsste ein Pfarrer Ostern nicht anders verbringen? Party an diesem besonderen Tag gehört sich für einen Geistlichen doch nicht. Was mein Kritiker nicht wissen konnte ist, dass der Sachverhalt noch viel schlimmer ist. Ich freue mich nämlich nicht bloss auf das Snowfestival, sondern bin sogar für diesen Anlass verantwortlich…



Klar, Ostern ist für die Christenheit ein besonderer Anlass. Wir feiern die Auferstehung unseres Herrn, Jesus Christus. Das ist wirklich ein besonderer Tag. Ein Tag der Freude und der Hoffnung. Das ist es auch für mich. Nur, Christsein und Freude sind für mich keine Gegensätze. Im Gegenteil, Christlicher Glaube gründet wesentlich in der Auferstehungsfreude. Der alte Brauch des Osterlachens zeugt davon. Pfarrer Amadé Brigger hat kürzlich in den Allalin-News treffend darüber geschrieben. Der Sieg über den Tod ist Grund zur Freude. Und deshalb haben Christen allen Grund, fröhlich zu sein.



Bei der deutschen Theologin und promovierten Clownin(!), Dr. Gisela Matthias habe ich sogar gelesen: „Jubel und staunen sind Ausdruck eines Glaubens, der mit allem rechnet und selbst das Unmögliche wagt.“ Der Titel ihres Buches „Wo der Glaube ist, ist auch ein Lachen“ (Kreuz-Verlag) weist schon darauf hin, dass Glaube durchaus auch eine fröhliche Sache sein kann. Ostern und ein Nostalgierennen mit Spassfaktor sind kein Widerspruch. Gemütlichkeit und packende Musik müssen - an diesem sicherlich grossen Tag der Christenheit - nicht fehlen. Ich freue mich echt auf das Snowfestial vom 20. April auf Kreuzboden. Ohne schlechtes Gewissen. Und auf fröhliche Begegnungen mit Freunden und Lesern meines Blogs.



Besorgte Christen kann ich allerdings beruhigen. Ich werde am Ostersonntag nicht bloss am Snowfestival anzutreffen sein. Ich werde auch zwei Ostergottesdienste halten. Einen in Grächen und einen im Saas…



Christoph Gysel, Touristiker und Tourismuspfarrer der ref. Kirche des Oberwallis



„Ein Tag, an dem man nicht lacht, ist ein verlorener Tag.“

Charles Spencer „Charlie“ Chaplin